Dass die schwerwiegenden Probleme im amerikanischen Bankensystem sich nicht einfach in Luft auflösen würden, stand aus Sicht von vielen Experten und Branchenbeobachtern seit den Ereignissen vor gut einem Jahr fest.

Handelt es sich nur um einen ersten Warnschuss?

Und so verwundert es nicht, dass es in den Vereinigten Staaten in der vergangenen Woche zur ersten Bankpleite des laufenden Jahres gekommen ist. So gab die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) am vergangenen Freitag kurz nach Börsenschluss bekannt, den finanziell angeschlagenen und in Philadelphia, Pennsylvania ansässigen Kreditgeber Republic First Bancorp übernommen zu haben.

Im selben Atemzug wurde bekannt gegeben, dass die FDIC eine Vereinbarung mit der Fulton Bank getroffen habe, in deren Zuge neben den Konteneinlagen auch die Mehrheit der durch Republic First Bancorp bis dahin gehaltenen Vermögenswerte an das Konkurrenzinstitut weiterverkauft wurden.

Republic First Bancorp befindet sich unter einer Kohorte von Kleinbanken, denen alsbald ein ähnliches Schicksal winken könnte. So hielt der Kreditgeber Vermögenswerte in Höhe von gut sechs Milliarden US-Dollar, während sich die Kundeneinlagegelder Ende Januar auf rund vier Milliarden US-Dollar beliefen. 

Selbstverständlich lässt sich mit Blick auf die letztjährigen Pleiten der Silicon Valley Bank und der Signature Bank, die jeweils über Vermögenswerte in Höhe von zwischen einhundert und 200 Milliarden US-Dollar in ihren Bilanzen verfügten, kein Vergleich ziehen, da es sich im Fall von Republic First Bancorp um ein deutlich kleineres Institut handelt.      

Nichtsdestotrotz ist angesichts der aktuellen Entwicklungen der erste Warnschuss in diesem noch recht jungen Jahr an Amerikas Bankenmärkten erfolgt. Unter Bezugnahme auf Angaben der FDIC wird die erfolgte Bankpleite den amerikanischen Einlagensicherungsfonds einen Betrag von 667 Millionen US-Dollar kosten.

Konteninhaber blicken nach wie vor recht gelassen auf die Dinge

Unter Analysten wurde bereits seit Monaten davor gewarnt, dass Republic First Bancorp es unter den gegebenen Bedingungen unter aller Voraussicht nicht mehr allzu lange machen würde.  

Nichtsdestotrotz unterlag Ende des Jahres 2023 gut die Hälfte der durch Republic First Bancorp verwalteten Kundenkonteneinlagen keinem Versicherungsschutz durch den Einlagensicherungsfonds.

Wie sich anhand dieses Beispiels zeigt, scheinen Konteninhaber in den USA trotz der letztjährigen Ereignisse noch immer relativ unbeschwert in Anlagedingen zu handeln. Dabei beliefen sich die Nettovermögenswerte des Instituts – somit gehaltene Vermögenswerte abzüglich Finanzobligationen – zum Ende des letzten Jahres auf gerade noch 96 Millionen US-Dollar.

Wenn „unrealisierte Verluste“ eine „plötzliche“ Insolvenz bewirken

Hinsichtlich dieser Kalkulation gab es allerdings einen schwerwiegenden Haken, da bislang „unrealisierte Verluste“ des Instituts in Höhe von 262 Millionen US-Dollar nicht in Form von real entstandenen Verlusten in der Bilanz ausgewiesen wurden.

Selbstverständlich leitet sich der Löwenanteil des entstandenen Bilanzverlusts aus erfolgten Kursrückgängen an den Bond- und Anleihemärkten ab. In der Bilanz des Instituts wurden die entsprechenden Anleihen jeweils als „bis zum Ende der Laufzeit gehaltene Vermögenswerte“ ausgewiesen.

Und so stellt sich automatisch einmal mehr die Frage danach, wie vielen anderen Banken und Kreditgebern in den Vereinigten Staaten es ebenso ergehen könnte. In der Vergangenheit wurde hier wiederholt davor gewarnt, dass amerikanische Bankbilanzen aufgrund der extrem aufgeweichten Bilanzierungspflichten in keiner Weise mehr aussagekräftig sind.

Börsenrückzug erfolgte nach extremer Aktientalfahrt bereits im letzten Jahr

Wäre es anders, so würden Kreditgeber in den USA nicht plötzlich sang- und klanglos über Nacht in die Pleite rasseln. Nichtsdestotrotz scheinen Investoren und Konteninhaber diese Aspekte nach wie vor mehrheitlich auszublenden. 

Dabei wurde die Aktie von Republic First Bancorp bereits im vergangenen August einem Delisting von der Technologiebörse Nasdaq unterzogen. Vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 noch um die zwölf US-Dollar gehandelt, war das Papier kurz vor dem erfolgten Börsenrückzug nur noch wenige Cents wert.  

Der nachfolgende Chart von stockcharts.com zeigt die aktuellen Bewegungen am OTC-Markt.

 

Republic First Bancorp verfügte über insgesamt 32 Filialen in den drei US-Bundesstaaten Pennsylvania, New Jersey und New York. Nach dem durch die FDIC erfolgten Weiterverkauf der Einlagegelder werden die Kunden des Instituts ihre Konten ab sofort bei der Fulton Bank unterhalten.

US-Zinsen weiterhin höher als zu Beginn des Ausbruchs der letztjährigen Bankenkrise

Anzumerken bleibt, dass die Zinsen in den Vereinigten Staaten zum aktuellen Zeitpunkt nach wie vor höher liegen als beim Ausbruch der letztjährigen Bankenkrise im Monat März 2023.

Wie in jüngster Vergangenheit ausgeführt, haben viele Kreditgeber die Chance verpasst, ihre zu Nullzinszeiten erworbenen Bonds und Anleihen angesichts des im März 2022 einsetzenden Zinsanhebungszyklus durch die Federal Reserve Bank noch rechtzeitig abzustoßen.

Vielerorts wurde es augenscheinlich nicht für möglich gehalten, dass die Zinsen in den USA auf aktuell 5,25 bis 5,5 Prozent angehoben würden. Seit Beginn des Zinsanhebungszyklus der Federal Reserve Bank wird an den Banken- und Kapitalmärkten nun darüber spekuliert, wann die Zinsen in den USA wieder gesenkt werden könnten.

Eigentlich sollte es längst schon so weit sein. Doch nah wie vor lassen sich Fed-Chef Jerome Powell und der Offenmarktausschuss der Federal Reserve Bank kaum irgendwelche Hinweise dazu entlocken, wann es tatsächlich so weit sein könnte.

US-Zinsen könnten weiter steigen

Vielmehr deutet angesichts einer zuletzt wieder moderat anziehenden Inflation in den Vereinigten Staaten manches darauf hin, dass die Federal Reserve Bank ihren Leitzins auf noch höhere Niveaus anheben – anstelle wie allseits erhofft alsbald senken – könnte.

Unter den zurzeit größten Mahnern befindet sich unter anderem Jamie Dimon, der Chef der amerikanischen Großbank JPMorgan Chase. Laut jüngsten Aussagen von Jamie Dimon müsse durchaus damit gerechnet werden, dass die Federal Reserve Bank die Zinsen in den USA noch auf bis zu acht Prozent anheben könnte.  

Schon momentan gilt, dass es viele Banken in den Vereinigten Staaten angesichts der aktuell gültigen Leitzinsspanne schwer haben werden, sich aufgrund von zig Hunderten Milliarden US-Dollars an bislang „unrealisierten Verlusten“ finanziell über Wasser zu halten.

Gewerbeimmobilienmärkte – Nur ein weiterer Schuh, der drückt…

Die sich weiter verschlechternde Lage an den amerikanischen Märkten für gewerbliche Immobilien (Commercial Real Estate / CRE) und die in diesem Segment zu beobachtenden Notverkäufe, Preisrückgänge und stark wachsenden Kreditausfallrisiken ist ein weiterer Hammer, der über der amerikanischen Bankenlandschaft im Lauf der nächsten ein bis drei Jahre nieder zu gehen droht.

Solange sich die Institute nicht gegen Kreditausfallrisiken und Kursrückgänge an den Bond- und Anleihemärkten durch entsprechende Hedging-Aktivitäten abgesichert haben, bleibt damit zu rechnen, dass es noch eine ganze Menge an Banken in den USA erwischen wird, die dasselbe Schicksal wie SVB, Signature Bank oder nun Republic First Bancorp ereilen dürfte.

Sollten die Zinsen in den Vereinigten Staaten zudem tatsächlich weiter angehoben werden, so ist damit zu rechnen, dass sich die bislang „unrealisierten Verluste“ in den Bankbilanzen noch zusätzlich ausweiten werden.

Denn im Gegensatz zu den Zinsen werden die Bondkurse weiter sinken, was zu zusätzlichen Finanzlöcher in den Bilanzen der amerikanischen Banken führen würde. Letztendlich handelt es sich angesichts der bisherigen Nicht-Realisierung von entstandenen Anleiheverlusten in den Bilanzen der Banken nur um eine Wette auf möglichst bald erfolgende Zinssenkungen der Federal Reserve Bank, die allerdings weiterhin auf sich warten lassen.

Kapitalabzug aus Bankensystem intensiviert sich nochmals

Erschwerend aus Sicht von amerikanischen Banken gesellt sich die Tatsache hinzu, dass die saisonbereinigten Daten zu den Kontenabflüssen aus dem Bankensystem in der vergangenen Woche zeigten, dass es zum höchsten Kapitalabfluss seit dem 11. September 2001 (!)  gekommen ist. Anhand einer Grafik von Zerohedge wird diese Entwicklung recht anschaulich ersichtlich.

 

 

Heißt also, dass angesichts der zuletzt wieder anziehenden Zinsen im zehnjährigen Laufzeitbereich weiterhin sehr hohe Kapitalbeträge aus dem Bankensystem abgezogen werden, um größtenteils in Richtung von Geldmarktfonds zu fließen.

Dass das Bank Term Funding Program (BTFP) der Federal Reserve Bank zur Stützung der amerikanischen Regionalbanken ausgerechnet jetzt ausgelaufen ist und von ausstehenden Darlehen in Höhe von 126 Milliarden US-Dollar auf null heruntergefahren werden soll, verheißt nichts Gutes.

Vielmehr lässt sich damit rechnen, dass die vor sich hin köchelnde Bankenkrise in den Vereinigten Staaten alsbald wieder Schlagzeilen machen wird, wenn der Insolvenz von Republic First Bancorp demnächst vielleicht auch größere Institute folgen werden…

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf eine Publikation auf der Seite der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC).

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Überraschend wäre eine solche Entwicklung nicht. Irgendwann werden geldpolitische Experimente zur Quadratur des Kreises ein abruptes Ende finden. Naturgesetze lassen sich nämlich nicht über einen allzu langen Zeitraum ignorieren oder aktiv bekämpfen.

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